M. Roth hat geschrieben:
Wir sind halt leider nicht bei Wünsch dir was... Ich wünsche mir auch andere Fans, klügere, hübschere - aber man bekommt halt nur die typischen Saubratzen.
Früher war eh alles besser und Gott was waren wir genial, als wir wild drauf losstümperten und keine Ahnung von Musik, Komposition und Textdichtung hatten. Das war TOTAL super.
M.
Ich möchte betonen, dass ich auch einen sehr kleinen Pimo mein Eigen nenne!
Doch zur Sache.
Zunächst ging es mir wie V.E.G.A.: Ich war eher nicht angetan.
Nach nun wiederholtem Hören gefällt mir die CD nicht nur gut, nein, ich würde sagen, sie stellt das drückendste und musikalisch ausgewogenste Album von Eisregen dar.
Zugegeben: Ich finde das Kriegsthema nicht besonders reizvoll, dennoch wurde damit überwiegend so umgegangen, dass es mir nicht permanent auf die Eier geht. Doch gehen wir chronistisch – und wie immer beim Hören direkt - vor:
MarschmusikAls Intro genial. Live mit Sicherheit ebenfalls ein großer Zünder. Musikalisch finde ich es extrem geil; textlich gefällt es mir nach mehrmaligem Hören inzwischen auch.
Einen besseren Auftakt für das Album hätte man wohl nicht wählen können.
BlutkreisNanu? Was geht da vor – eine völlig unerwartete Gitarre eröffnet den Blutkreis. Direkt danach Gekeife. Ich weiß nicht wieso, aber Blutkreis ist aus meiner Sicht ein untypischer Song von Eisregen. Und das macht es verdammt gut. Die verschiedenen Nuancen des Songs – aufgerissene Gitarre, Gekeife, Klargesang, etwas ruhiger – das fügt sich grandios zusammen. Ebenfalls ziemlich drückend nach vorne, bloß den Hörer nicht zur Ruhe kommen lassen. Famos.
BunkertürMusikalisch ebenfalls ziemlich nach vorne und, ähnlich wie beim Blutkreis, gefallen mir die Klargesang/Blutkehlen-Wechsel ausnehmen gut. Trotzdem zündet Bunkertür bei mir nicht so richtig – genau sagen, warum das so ist, kann ich allerdings nicht.
LeichensackFieser Anfang – Albtraummaterial. Irgendwie habe ich ein paar mal gedacht, dass der Anfang mit einer Orgel geil wäre – keine Ahnung, wieso.
Doch zum Titel: Der Track lässt einen zum ersten Mal auf der Platte etwas verschnaufen – da hat man sich für genau die richtige Stelle entschieden: Nach drei Panzerbrechern hier mal ein wenig Fronturlaub. Der psychisch kreative Soldat mit seinem Leichensack ist genau der rechte Song zur rechten Zeit. Musikalisch gefällt er mir ohnehin sehr gut, auch die „Geschichte“ des Songs gefällt mir irgendwie. Eine nette Mischung des eisregnerischen Horrorthemas und dem, dem Album zugrunde liegenden, Konzept.
Obwohl der Song langsam ist, wird er nie langweilig, das finde ich ziemlich geschickt gemacht: Der Refrain erhält die Stimmung der Songs vorweg, erlaubt es aber eben, die etwas ruhigere Stimmung zu genießen.
Gott der PanzerDazu habe ich schon was gesagt: Es geht nach vorne und ist im Großen und Ganzen okay. Im Kontext des Albums finde ich es sogar noch etwas besser, als auf der Auskopplung. Warum man jedoch das – in meinen Augen – schwächste Lied als Singleauskopplung gewählt hat, geht mir mal gar nicht in den Kopf.
AdlerhorstDer Adlerhorst geht schon fast in Richtung Doom. Das ist so dermaßen bedrückend und gleichzeitig schafft die Musik es sogar, recht bedrohlich zu werden. Die Monotonie der Musik hat mich beim ersten Hören irgendwie gelangweilt; inzwischen gefällt sie mir sehr gut und trägt zur Atmosphäre des – sehr gelungenen – Songs bei. Volltreffer, würde ich sagen.
FleischbrandMein zweiter „Nanu“moment auf dem Album (neben Blutkreis). Die ersten 13 Sekunden ließen mich ratlos – dann verliebte ich mich. „Fleischbrand“ ist DER neue Eisregensong. Ehrlich gesagt hat mich lange kein Song mehr so sehr mitgerissen, wie der Fleischbrand. Für mich stimmt hier wirklich alles (und das vom ersten Hören an).
Gigantisch.
Mein Leben auf deiner HautDirekt nach dem Fleischbrand eine zweite Bombe: Die aufgerissene Gitarre zu Anfang, dann sogar eine Kuhglocke – Maiden lassen grüßen
Im ernst: Ich liebe diesen Song. Er geht einfach richtig steil nach vorne und ist dabei trotzdem so richtig gemein. Das mag der Herr Egge aber mal so richtig gern. Wenn Fleischbrand der Fat Man des Albums ist, dann ist dieses heitere Stücklein gewiss der Little Boy. Großartig.
FoltergeistJa aber was hat der Bursche denn getan, dass der Foltergeist ihn tot folterte?
Ad rem: Musikalisch ebenfalls recht abwechslungsreich, textlich auch nochmal ein wenig in die Horrorecke. Gefällt mir ganz gut – ist jedoch nicht mein Favorit. Solider Song.
Was von dir bleibtMit diesem Track werde ich irgendwie nicht warm – als einziger Titel des Albums gefällt mir Was von dir bleibt nicht so recht. Das liegt tatsächlich in erster Linie an der Musik, die einfach nicht meins ist. Kann ich aber verschmerzen
PanzerschokoladeDazu sagte ich bereits was: Als Unfugsong okay – aber die anderen Unfugsachen fand ich geiler. Man muss aber sagen, dass Eisregen ihrem Bildungsauftrag nachgekommen sind: Ich wußte vorher nicht um die Panzerschokolade! X]
Pevertin Peter (So lang die Schokolade reicht)Kurz gesagt: der beste Bonustrack, den Eisregen bisher gemacht haben.
Musikalisch extrem schmissig, textlich äußerst schmackhaft. Ich mag das Peterlein und würde es gerne in eine Kiste sperren (zu einem anderen frechen Buben!)
Zur OptikDa hat man sich ja nun tatsächlich mal übertroffen. Als ich die Box in die Hand nahm hatte ich ein paar Tröpfchen in der Hose. Schön geprägt, wertig und stabil – fast, als wäre sie aus Kruppstahl geformt.
Das Booklet ist beinahe liebevoll gestaltet und sehr detailverliebt – ich wette, dass ich einige Späße übersehen habe. Ich finde es jedenfalls sehr grandios. Das umgedrehte Digi: Irgendwie ungewohnt.
FazitWie ich bereits zu Beginn geschrieben habe: MARSCHMUSIK ist das musikalisch ausgewogenste und drückendste Album von Eisregen (bisher?). Zwar haben mir die vorherigen Alben auch durch die Bank weg gut gefallen, MARSCHMUSIK ist jedoch eine andere Klasse von Musik.
Ich würde soweit gehen und sagen, dass, wenn EISREGEN heute aufhören würden, MARSCHMUSIK das Album wäre, von dem man sagen kann, es ist das musikalische Vermächtnis dieser Band. Wenn MARSCHMUSIK den Auftakt für die nächsten Jahre darstellt und ein Vorbote dessen ist, wozu EISREGEN heute fähig sind, dann gnade uns Gott.
Mein Haupt neigt sich in Ehrfurcht vor einer Band, die nach 20 Jahren dieses Album macht.
Von heute an wird Seife gespart.
Gruß
Max