Zum wohl ersten mal habe ich mir etwas mehr Zeit gelassen für ein Review um mich nicht zu sehr von der typischen Releaseeuphorie beeinflussen zu lassen - die Zeit hätte ich mir sparen können.
Ewigheim sind wieder zurück und ich gebe gerne zu, ein wenig besorgt war ich schon. Ich hatte ein wenig die Befürchtung gehabt das "Nachruf", wie Rammsteins "Rosenrot", ein 'Abfallalbum' wird in dem die Überreste von "Bereue nichts" noch verwertet werden und, Hand auf's Herz, das hätte keiner wirklich gewollt.
Nach vielen Stunden des Wartens war der 6.12. dann endlich da und um 0:00 Uhr konnte ich das Album gleich als Digitalen Download erwerben. Vielen Dank an Band und Label für den günstigen Preis auf Amazon - für jemanden der Alben immer doppelt kauft ein wahrer Segen.
Nach einem fixen Download konnte es dann langsam los gehen und "Zwischen Menschen" dröhnte aus den Kopfhörern. Eine wunderschöne Nummer! Als Opener hätte sich wohl kein Lied besser geeignet. Die Geburt als ungewollter Akt und dann steht man dort, zwischen Menschen - ganz allein. Lyrisch zeigt der Opener gleich in welche Richtung es wohl gehen wird. Wenig Blumen und Sonnenschein, viel Blut und Kot. Eine wundervolle Mid-Tempo Nummer mit einer melancholisch anmutenden Klaviermelodie. An dieser Stelle beweisen Ewigheim auch zu Beginn sofort eines - Refrains haben sie einfach drauf und aus dem Munde von Allen B. , der mit einer großen Menge Schwermut eben jene sing, ist die Mischung schon perfekt.
Von der Stimmung gepackt geht es auch schon weiter mit "Die Augen zu" und wie Befriedigend war es gewesen die elektronischen Klänge wieder zu hören. An dieser Stelle muss ich gleich noch gestehen das ich, nach Leipzig, zu "Die Augen zu" eine ganz besondere Beziehung habe - ich bin emotional an dieses Lied gebunden und mein kleines Herzchen krampft und springt im Dreieck bei diesem Lied. Die Symbiose aus Instrumenten und der Elektronik funktionieren bei dieser Nummer, die etwas schneller daher kommt als "Zwischen Menschen", extrem gut. Lyrisch gibt es nicht viel auszusetzen - mit dem Lied ist der romantische Doppelsuizid in wundervolle Worte gefasst worden. So sehr berührt war ich zuletzt bei "Odem".
Folgend tut nun die Nummer die für mich ein Highlight darstellt. "Am Meer" ist unglaublich ruhig gehalten und überzeugt lyrisch mit toll gezeichneten Bildern vom großen Meer aus Fleisch. Es klingt für mich wie der große Bruder von "Odem" und verdammt, es ist auch genau so atmosphärisch. Bei dem Lied muss man einfach nur die Augen schließen und sich treiben lassen. Langsam, ruhig und zum sterben schön.
Mit "Heimweh" geht es nun, für Ewigheim Verhältnisse, ordentlich zur Sache. Schnell, geniale Melodie und einen böse klingenden Allen B. dem das Heimweh scheinbar ziemlich zu schaffen macht. Spaß beiseite. Lyrisch ist der Text ziemlich morbide und nimmt sich dem Thema der Selbstverletzung sehr authentisch an - das Thema ist mir nicht unbekannt. Durch die Identifikationsmöglichkeit mit diesem Lied ist es eines meiner Lieblinge auf dem Album. Einziger Negativpunkt: Den Refrain bekommt man unmöglich wieder aus dem Kopf. Ist das Heimweh endlich begraben kommt der Nachruf.
Der Titelsong knallt mit einem präsenten Schlagzeug aus den Kopfhörern und Allen B. trägt ein minimalistisch unterlegtes Gedicht vor - so klingt es zumindest. Der Refrain bereitet Gänsehaut durch und durch! Einfach nur schön, schön traurig. Nachruf passt Thematisch perfekt zu Ewigheim und ist ein Lied, für diejenigen, die das Album nicht mehr hören können. Insbesondere gefallen mir hier die Gedichtartig vorgetragenen Strophen des Liedes. Allen B. betont durch und durch perfekt und verschluckt keine Silben, es ist also wirklich schön anzuhören.
Sprach ich soeben bei "Ein Nachruf" schon von einem präsenten Schlagzeug zu Beginn, setzt "Himmelfahrt" noch eins oben drauf. Das Schlagzeug ist durch und durch präsent und zusammen mit der Elektronik ist das mitwippen wie automatisiert vorprogrammiert. Yantits sprachliche Bilder überzeugen erneut durch und durch, man hat das Gefühl als sei man bei dem entfachen der Flamme dabei und könne das arme Seelchen, welches sich gen Himmel aufmacht, beobachten. Das in Brand setzen der eigenen Person ist schon eine sehr extreme Art des Suizides, war mein erster Gedanke aber es ist toll umgesetzt und bietet auch ordentlich Tempo, live ist das Lied sicher ein Knaller.
Genau so ein Knaller ist "Falsches Herz" bei dem man nicht anders kann als sich zu bewegen. Die Synthies sind total treibend und auch von der Instrumentalisierung ist das Lied durch und durch treibend. Ewigheim ist wieder mal bei der Liebe angekommen und wir befinden uns in einer Situation welche ähnlich bewegend ist wie das Lied treibend. Textlich erinnert mich "Falsches Herz" an MnoG - den einen Grund zum Mord gibt es hier auf jeden Fall. Wer in einer ähnlichen Situation schon einmal war, ein Herzchen fern der Unschuld fand, wird mit dem Lied sicher was anfangen können.
Nach vielen, recht schnellen und tanzbaren Nummern, ist mit "Liebes Lied" wieder ein Song dabei welcher ruhige Töne anschlägt. Episch und in einem schleppendem Tempo nimmt man sich hier der Phrase "Menschen kommen, Menschen gehen" an und setzt diese überzeugend um. "Liebes Lied", ist ein Lied zum verlieben und kommt sehr melancholisch daher.
Der nächste Song, "Glück im Unglück", war für die Ungeduldigen ja schon als Schnipsel auf Youtube zu hören. Nach "Liebes Lied" kommt hier wieder etwas Tempo auf. Lyrisch wieder ein absolutes Brett und wer es schafft die Zeile "Das Lichtlein ausgeknipst" wieder aus dem Kopf zu bekommen - mein Respekt. Ausnahmsweise wird hier mal ein Punkt aufgegriffen der am Menschen sogar positiv zu bewerten ist. Ungewöhnlich? Tja, an die die das Lied noch nicht kennen, lasst euch überraschen.
Viel zu schnell kommt nach "Glück im Unglück" schon der rausschmeißer und Ewigheim beweisen - es gibt immer, wirklich immer einen Grund den Tod zu wählen. Die Melodie ist ungewöhnlich fröhlich. Man sollte sich aber von der optimistisch anmutenden Stimmung nicht täuschen lassen, der Text hat es nämlich in sich wenn man ein paar Minuten verschwendet und darüber nachdenkt. Ein toller Ausklang ist das Lied auf jeden Fall und schließt auch lyrisch wunderbar ab.
Wer glaubt das jetzt schon das Fazit kommt irrt aber, als Besitzer des Digis, ich gehe davon aus das dies im FH jeder haben wird, gibt es ja noch "Sanctum Imperium" und wartet mit einer Überraschung auf - der gute M. Roth ist nach MnoG mal wieder auf einer Ewigheim Platte zu hören und singt ein "Duett" mit Allen B. und wenn man bis jetzt noch nie einen Sinn in limitierten Editionen gesehen hat, jetzt sieht bzw. hört man ihn. "Sanctum Imperium" kommt richtig episch daher und Roth packt die Blutkehle aus und ja, es passt einfach verdammt gut. Beide Sänger harmonieren auf dem Song super miteinander und bieten ordentlich Abwechslung. Ein richtig, richtig gutes Lied bei dem nur zu Hoffen bleibt das Roth nicht das letzte mal dabei war.
Was kann man also insgesamt über "Nachruf" nun sagen.
Die Sorge, das Album würde wie eine Abfallverwertung klingen, war absolut unbegründet. Alle Lieder harmonieren wunderbar miteinander und bieten über die gesamte Länge genügend Abwechslung. Von tanzbar bis schnell bis episch bis langsam ist alles dabei, von Monotonie fehlt jede Spur. Lyrisch hat Yantit ganze Arbeit geleistet, so gut war Ewigheim sonst nur auf "Heimwege" gewesen. Natürlich wären die Texte bei weitem nicht so super wenn Allen B. diese nicht so großartig singen würden. Seine Stimme begeistert mich jedes mal auf's neue und er zeigt auch wieder das seine Stimme ein großes Spektrum abdeckt. Mein Dank soll auch Markus Stock gelten, welcher beim Produzieren eine tolle Arbeit geleistet hat - wie immer. Der Mann kann es einfach und auf "Wenn es am schönsten ist" hört man sogar den besten Produzenten der Welt auch noch. Wunderbar!
Die Atmosphäre des Albums ist sehr dicht und es funktioniert einfach ohne Durchhänger. Mit Heimwege meine absolute Nummer eins und, wo das Jahr sich dem Ende neigt darf man es ruhig sagen, mein Album 2013 - da muss Todestage leider zurückstecken. Vielen Dank für diese Scheibe